Baiona
Der Wind frischt auf und die Wellen nehmen zu. Der Himmel über Biskaya ist von dunklen Regenwolken überzogen. Nur das Brummen der beiden Motoren unserer Lagoon übertönt das Prasseln des Regens. Die Segel wurden eingeholt, wir fahren nur noch mit Motorkraft, um schnellstmöglich in den nächstgelegenen Hafen zu kommen auf unserer Atlantik-Überquerung. Baiona ist aber noch 20 nautische Meilen entfernt und es ist schon spät. Vor Dunkelheit werden wir die kleine Hafenstadt an der spanischen Küste nicht erreichen. Aber wir sind unbesorgt, Kapitän Matthias kennt den Hafen und hat schon einen Liegeplatz für uns reserviert.
Gegen ein Uhr nachts erreichen wir die geschützte Bucht von Baiona. Nach nur drei Tagen auf See müssen wir gezwungenermaßen Halt machen. Die Wettervorhersage ist einfach zu schlecht und wir gehen lieber auf Nummer sicher. Die gute Nachricht: es gibt heiße Duschen! Auch wenn wir alle erschöpft sind, freut man sich nach drei kalten Tagen auf See über nichts mehr als eine warme Dusche und eine ruhige Nacht in der Kabine.
Fast wie Kolumbus
Erholt erkunden wir am nächsten Tag die mittelalterliche Stadt Baiona. Der Wind peitscht und die hohen Wellen schlagen gegen die alte Stadtmauer. Die Straßen sind leer, viele Restaurants haben geschlossen. Auch hier ist gerade Nebensaison. Im Sommer zieht es bis zu 50.000 Touristen an die schönen Atlantikstrände des Städtchens. Neben den Stränden ist besonders die Nachbildung des Kolumbusschiffes La Pinta für Segler interessant. Dieses überbrachte die Nachricht der Entdeckung Amerikas. Neben dem massiven Holzschiff sieht unsere Lagoon ganz mickrig aus, aber im Vergleich zu Kolumbus sind wir ja auch Amateure.
Um nicht ganz amateurhaft zu wirken, lassen wir in Baiona die Motoren kontrollieren und das Öl wechseln. Außerdem bringen wir den Radareflektor in der Saling an. Dafür muss ich als leichtestes Mitglied der Crew den Mast hoch. Wenigstens werde ich hochgezogen und muss nicht klettern. Eine tolle Aussicht, zum Glück bin ich schwindelfrei! 3-4 Kabelbinder und schon sitzt der Reflektor. Nun können uns andere Boote wenigstens auf ihrem Radar sehen.
Auf nach Madeira
Nach zwei weiteren Tagen hat sich das Wetter auf unserer Atlantik-Überquerung beruhigt und wir können den Hafen von Baiona verlassen. Durch den Zeitverlust beschließen wir Cascais auszulassen und direkt Madeira anzusteuern. Laut Plotter sollten wir in etwa fünf Tagen dort ankommen, mal schauen ob das Wetter diesmal mitspielt. Kaum verlassen wir die geschützte Bucht von Baiona wird es unruhig. Der starke Wind der letzten Tage hat das Meer aufgewühlt und die Wellen sind noch recht hoch. Da der Wind aus Südwest kam, folgen auch die Wellen dieser Richtung und schlagen uns entgegen. Gemütlich wird die Fahrt nicht, unsere Mägen finden das kontinuierliche schaukeln auch nicht so toll, aber wir reißen uns zusammen und träumen von der schönen Blumeninsel, die uns erwartet.
Am nächsten Tag müssen wir ein Traffic Separation Scheme überqueren. Eine Art Schiffsautobahn, die die stark befahrene Route von Gibraltar in das Bay of Biscay verbindet. Frachter und Tanker haben hier Vorfahrt und alle kreuzende Schiffe müssen ihnen ausweichen. Mit bis zu 20 Knoten rasen die Kolosse an uns vorbei. Da sie einander überholen, wechseln sie oft den Kurs. Auf einem 400 Meter Frachter kann unsere kleine Lagoon schnell übersehen werden. Ab und zu bitten wir per Funk, uns nicht zu überfahren. Fast einen Tag brauchen wir um das TSS zu überqueren.
Oder nicht?
In der Nacht des dritten Tages schaffen wir es nicht mehr, ohne Motor unseren Kurs auf unserer Atlantik-Überquerung zu halten. Wind und Wellen drücken uns immer weiter nach Südost und nicht Südwest, wo unser Ziel Madeira liegt. Die Vorhersage der nächsten Tage zeigt auch keine Besserung. Nach weiteren zwei Stunden beschließt Matthias, wir drehen um und laufen die portugiesische Küste an. Zufälligerweise ist der nächstgelegene Hafen Cascais: Atlantiküberquerung – von Frankreich in die Karibik 3